Liborius

Bischof von Le Mans und Bekenner. † 9.6.397(?) Freund des hl. Martin. - Gebeine durch Bischof Aldrich 836 an Paderborner Bischof Badurads übergeben, ewige Verbrüderung bis heute. Patron des Paderborner Erzbistums. Auf seinem Buch Steine, Patron gegen Steinleiden.


Wenn der Altarschrein des Hauptaltares geschlossen ist, sieht man rechts außen die Ganzkörperdarstellung eines heiligen Bischofs. Es ist der heilige Liborius. Stab und Buch mit drei Steinen sind seine Attribute. Sein schwer zu übersetzender Name zeigt, daß er kein Römer, sondern ein Kelte ist. Uns ist eine Kurzform geläufiger: Boris. Fürsten in Bulgarien und Herrscher in Rußland, führen seinen Namen.

Liborius war Bischof in Le Mans in Frankreich. Er soll der Tradition nach am 9. Juni 397 gestorben sein. Der 9. Juni ist auch sein Feiertag, außer in den Bistümern Essen und Paderborn, dessen Patron Liborius ist. Dort feiert man den 23. Juli. Ein Freund von Liborius war der heilige Martin von Tours. Er leitete am Sarg von Liborius dessen Beerdigung in der 12-Apostel-Kirche in Le Mans. Beim Begräbnis anwesend war auch St. Viktor. Er wurde Liborius` Nachfolger. Dicht dabei war das Grab des ersten Bischofs von Le Mans, des heiligen Julians. Am Grab des Liborius`gab es bald viele Heilungswunder.

In seiner 47 Jahre dauernden Zeit als Bischof von Le Mans hat er als "Bekennerbischof" intensiv für die Ausbreitung des Glaubens und der Kirche gesorgt. Mittelalterliche Quellen berichten von 217 Priester-, 186 Diakons-, 93 Subdiakonsweihen, 17 Kirchen soll er gebaut haben, viele Pfarreien errichtet. Er gilt als Helfer und Kämpfer gegen den Unglauben ("Bekennerbischof"), als Patron gegen Steinleiden (Niere, Blase, vgl. Insignien) und Koliken, gegen Wassersucht und Fieber, als Helfer in Leibesnöten und bei Krankheiten. Zu seinen Füßen wird ein kniender Büßer/Kranker/Bettler dargestellt. Im Hintergrund finden wir manchmal einen Pfau.

Der Pfau - in Paderborn ein wichtiges Tier - spielte eine leitende Rolle bei der Translation / Überfahrt der Reliquien des heiligen Liborius nach Paderborn. In ikonografischem Zusammenhang spielt der Pfau andere Rollen: der Pfau bedeutet dreierlei:

  • in der römischen Antike bezeichnet er die Vergöttlichung, da er sich aus einem unscheinbaren Vogel zu gewaltiger Pracht entwickelt,
  • in altchristlicher Zeit ist er Bestandteil der Pardiesdarstellung, dem Phönix ähnlich zeigt er auch hier die Wandlung durch Auferstehung zu ewigem Leben, daher wird er in Taufkapellen und auf Gräbern abgebildet,
  • im späten Mittelalter gilt er als Symbol der Eitelkeit und des Hochmutes: er bildet sich auf seine Schönheit etwas ein.


Die Reliquien wurden 836 als damals übliche "übernatürliche Entwicklungshilfe" an das neue Bistum Paderborn geschenkt. Als Kaiser regierte damals Ludwig der Fromme (778 bis 840), in Le Mans Bischof Alderich von 832 bis 857, in Paderborn von August 815 bis 17. 9. 862 Bischof Badurad, der zweite Bischof Paderborns nach Bischof Hathumar. Deshalb gilt Liborius als "Brückenbauer Europas".
Heute ist dieser imponierende Gedanke aktuell und bedeutsam. "Unter großer Anteilnahme des Volkes" führte der Weg von Le Mans über Chartres und Paris bis zum Rhein und weiter nach Paderborn. Das Ankunftsdatum wird in einigen Quellen mit Pfingstsonntag - 28. Mai 836 - angegeben.

 Die Klammer zwischen Le Mans und Paderborn begründet die älteste Städtefreundschaft in unseren Landen. Heute noch wird an dieser Freundschaft festgehalten und dieser "Liebesbund ewiger Brüderschaft" gepflegt. Es werden gemeinsam Konferenzen abgehalten und das Liborifest gemeinsam begangen.

Der Schrein mit den Reliquien bildet in dieser Woche nach dem 23. Juli den Mittelpunkt der Verehrung in einer Prozession. Wer Paderborn besucht, kann heute noch das Liborifest und den Libortusch, den Schrein und die Brüderschaft erleben. Zum Libori-fest gehören auch die Kirmes und der Pottmarkt.

Da unser heutiger Bistumsbereich einst (1811 durch Papst Pius VII. bis 9. Oktober 1994) zu Paderborn gehörte, nehmen auch Gruppen unserer Gegend an dieser Freundschaft teil.

Die Liboriverehrung breitete sich in späterer Zeit nach Tegernsee und Quedlinburg, weit nach Thüringen, Niedersachsen, Niederlande, Niederrheingegend aus. Im Halleschen Heiltum des Kardinal Albrecht fand man einige Partikel des Heiligen in einem Straußenei ausgestellt.

In der Zeit von 1622 bis 1627 waren die Reliquien des Heiligen Liborius` durch Herzog Christian von Braunschweig, durch den "tollen Christian" gestohlen. Es war die Zeit des Dreißigjährigen Krieges. Christian war weniger an den Reliquien als mehr an Silber und Gold des Schreins interessiert. Die Reliquien wurden zurückgegeben an Pfalzgraf Philipp Otto; durch seine Gemahlin kamen sie zurück an den Dom. Hans Krako von Dringenberg fertigte 1627 einen neuen Schrein an.

Auch weiterhin waren Künstlerinnen und Künstler durch Liborius angeregt. Eine Vielzahl von Darstellungen und Figuren, von Buchgestaltungen und Wandteppichen entstanden. Die Gliederung dieses Textes spiegelt sich in einem Wandbehang von Grete Spuida wider.

Verschiedene Persönlichkeiten verbinden Halle mit Paderborn: Bischöfe wie Konrad Martin - er studierte auch in Halle - und Lorenz Jäger - ein Hallenser Kind, in unserer Kirche getauft - stehen neben Ludwig Esser und Albert Nolte, die in der Nazizeit hier in Halle zu ihrer (Geld-) Strafe verurteilt wurden.