Gertrud ("mutig und treu") von Helfta.

"Die Große". Geboren 6.1.1256. OCist. Mystikerin.
† 13.11.1302.


Gertrud ist ein beliebter Name, vor allem um die Zeit nach dem Jahre 1000: Die Mutter von der heiligen Elisabeth oder von Hamlet, von Hänsel und Gretel heißt so, Gertrud von le Fort ist bekannt wie die "Gertrud" bei Emil Sinclair (H.Hesse), in Schillers "Tell" wie bei Hemingway, Fussenegger oder Pestalozzi, auch Kleist verwenden ihn.

Heiligen dieses Namens sind Kirchen und Kapellen geweiht in Güstrow und in Löwen, in Wolgast, Gelnhausen (Gela ist eine der vielen Kurzformen von Gertrud wie auch Trude, Gerda oder Geza) und Stockholm. Ein Dutzend berühmter "heiliger" Frauen dieses Namens gibt es, acht davon sind Äbtissinnen.

Die bekannteste damals ist Gertrud von Nivelles, ihr Festtag ist der 17. März (Todestag 653?). Sie gehört in die Familie Karls des Großen. Vermutlich wurde sie von den Heeren dieser Familie auch nach Halle getragen: vgl. Getrud-Kirche am Markt. Auf sie wurden viele Frühlingsbräuche übertragen, sie ist Patronin gegen Mäuse und der Feldfrüchte.

Der Name bedeutet: "mutig und treu".

"Unsere" Gertrud aber ist - wohl benannt nach der fränkischen Heiligen - Gertrud die Große von Helfta. Sie wurde nie heilig gesprochen. Sie ist in unserer Propsteikirche zweimal dargestellt: in der Predella des Hochaltares und als Figur im Schiff in der Vierung links. Sie wurde - unsicherer Tradition folgend - am 6. Januar 1256 vielleicht in Eisleben geboren und starb am 13. November 1302 in Helfta bei Eisleben.

Mit fünf Jahren kam sie in das Kloster in Helfta (Benediktinerin? Zisterzienserin?) und erhielt dort eine sehr gründliche und tief greifende Bildung. Vor allem lernte sie bei der verdienstvollen Äbtissin Gertrud von Hackeborn, mit der sie später immer wieder verwechselt wurde. ("Unsere" Gertrud" war nie Äbtissin).

Am 27. Januar 1281 erlebte die damals Fünfundzwanzigjährige eine Erscheinung des Herrn, sie blieb in mystischer Form mit ihm tief verbunden.

Ab 1289 schreibt sie ihre Erlebnisse und Offenbarungen nieder und wird so Mitbegründerin dieser im deutschen Raum führenden Mystik. Sie gewinnt einen großen Einfluss auf die Sprache und Literatur, auf die Mystik und Erbauungsliteratur. Eucharistieverehrung und das Herz Jesu stehen im Vordergrund. Manches, was sie formuliert hat, lebt heute noch in unseren Gebeten (Herz-Jesu-Litanei, Marientitulaturen). Leitfaden ihrer Aufzeichnungen ist die Feier der Liturgie.

Sie wird als Grammatikerin, "theologa" und Schriftstellerin genannt. Die Nähe zu den Bettelorden - Franziskanerkloster in Halle - und eine neue Stellung zum Leid bestimmen ihre Einstellung.

1677, andere 1738 erscheint ihr Name im "Martyrologium Romanum", ihr Fest am 15., andere am 17. November. Sie gehört in die Reihe der deutschen Mystik (Hildegard von Bingen, Mechthild von Magdeburg, Meister Eckhard, Heinrich Seuse, Johannes Tauler … ).

Kirchen sind ihr geweiht und Kapellen: ihren Namen trägt in Eisleben die Kirche an der Stelle des ehemaligen Klosters, das von Helfta in den Schutz der Stadt verlegt wurde. In Reideburg gibt es ein Gotteshaus ihres Namens, im Servitenkloster einen Gertrudaltar. In vielen Veröffentlichungen wird sie Patronin von Peru und Tarragonien genannt. (Hiervon weiß aber der zuständige Bischof nach brieflicher Auskunft leider nichts.)

Dargestellt wird sie mit Kelch (Eucharistieverehrung) und Buch, mit flammendem Herzen (Herz-Jesu-Verehrung, auch in Nähe zum Gedankengut des heiligen Augustinus) oder mit Kreuz (Leidensverständnis) und Ringen an den Fingern (bräutliche Verlobung mit Jesus).

So wie ihre Namensvetterin im Frühling (17.3.) Brauchtum übertragen erhält, so bekommt sie, Gertrud von Helfta, für den Herbst manches nachgesagt, was auf diese Zeit deutet. Hier spielt vor allem die Haselnuss eine Rolle, Nüssezählen als Nachweis der Vorräte und das Brauchtum mit der Haselgerte lassen auch vermuten, dass der damalige Adventbeginn sechs Wochen vor Weihnachten (heute noch in Mailand) eine Rolle spielt (Martinsgans).

Eine andere Äbtissin mit dem Namen Gertrud sei hier noch genannt: im Zisterzienserinnenkloster Marienkammer bei Halle regiert sie als dritte Äbtissin zu dieser Zeit. In den Dokumenten der Stadtgeschichte taucht sie auf, weil unter ihrer Regierung (1299) die Straße von der Moritzpforte zum (Georgen-)Kloster umgebaut wurde. Von der Moritzpforte aus wurde der Weg verbessert und verändert. Er führte auf dem Damm neben der Gerbersaale (heute überdeckt) am Stadtgraben entlang. Im Graben befand sich auch der Korbteich: Diebe wurden in einen Korb gesetzt und dann von einem Gerüst in diesen Teich fallen gelassen.

1828 begann dann der Umbau, der zum Abriss des 1710 errichteten Moritztores und zur Errichtung der heutigen an der Kirche vorbeiführenden breiteren Straße führte. Der Korbteich wurde leider auch aufgefüllt.